Bremse

"Gute Bremsen? Ich denke, Du willst schnell fahren..."

Diesen Satz - so ähnlich jedenfalls - hab ich von einem Freund im Kopf, mit dem ich mich übers Kartfahren und Selberbauen unterhalten habe. Es hat eine Weile gedauert, bis folgende Erklärung zu einem "Aha" geführt hat:

Schnelle Rundenzeiten bedeutet immer die maximale Geschwindigkeit zu fahren, die möglich ist.

a) In einer Kurve ist man bedingt durch die Haftung der Reifen immer langsamer, als auf einer Geraden, wo diese Haftung eher untergeordnet ist. Also beschleunigt man nach der Kurve und muß vor der Kurve wieder auf die Haft-Grenzgeschwindigkeit abbremsen.

b) Je besser man beschleunigen kann, desto weniger Zeit braucht man für die Strecke. Je mehr Strecke man zur Beschleunigung hat, desto schneller wird man auch. Daraus erkennt man, daß es sehr positiv ist, wenn man so kurz, wie möglich vor der Kurve erst abbremsen muß.

c) Je weniger Strecke man zum Abbremsen hat, desto heftiger muß die Bremsanlage zupacken. Am besten so heftig, daß die Reifen gerade noch haften.

So viel zu einer einfachen Herleitung, warum eine Bremse "gut" sein muß :-)

Was heißt jetzt "gut"?

Eine Bremsanlage muß im Renngeschehen ständig Geschwindigkeitsanpassungen am Limit der Reifenhaftung in kurzen Intervallen leisten können - ohne in ihrer Bremswirkung nachzulassen oder vor dem Rennende zu verschleißen.

Die üblche Bremsentechnik ist Reibtechnik. Am Chassis über Bremszangen befestigte Beläge reiben unter Druck auf einer Bremsfläche, die mit den abzubremsenden Reifen verbunden ist - der Bremsscheibe. Wichtigster Parameter ist der Gleitreibungskoeffizient. Er bestimmt, wieviel Kraft die Bremsanlage bei möglichem Andruck der Beläge an die Reibfläche dem Vortrieb entgegenbringt. Hier ist die Werkstoffpaarung ein wesentlicher Punkt.

Reibung:

Reibung wird als Verhältnis der Normalkraft (Kraft senkrecht zur Reibfläche) zur Reibkraft (in Richtung des bewegten Reibkomponenten) angegeben - die Verhältniszahl ist der Faktor "µ"(mü)

Fr=Fn *µ

Man erkennt: je größer das µ, desto größer die Reibkraft.

Untersuchungen haben gezeigt, daß µ geschwindigkeitsabhängig ist. Ist die Geschwindigkeit der Reibkomponenten zueinander sehr klein oder null, dann ist µ "groß". Mit größer werdender Geschwindigkeit wird µ immer kleiner - und manchmal auch wieder etwas größer. Es gibt hierzu schicke Diagramme ... mal googlen ;-)

"Fading":

Bei dieser Bremstechnik wird Reibkraft auch in Wärme umgesetzt. Die Bremskomponenten werden also warm. Kann die Wärme nicht ausreichend abgeführt werden, werden die Komponenten heißer, als die Werkstoffe vertragen. Das Resultat ist eine Erscheinung, die mit "fading" bezeichnet wird. Die Bremswirkung nimmt mit zunehmender Systemwärme ab und kehrt oft bei kühlerem System nicht wieder, da die Werkstoffe geschädigt sind. Das kann ein deutlich spürbarer Unterschied sein.

Wer gewohnt ist "auf der letzten Rille" vor der Kurve zu bremsen, erkennt erst beim Bremsvorgang, daß die Bremse nicht wie gewohnt "zieht". Er erkennt in Bruchteilen von Sekunden, daß man nicht mehr um die Kurve kommt und also aus der Kurve rausrutschen wird. "Unangenehm" ist es dann, wenn neben der Kurve kein Rasen liegt, sondern eine Mauer aus Reifenstapeln steht...

Bremsleistung

Ist die Anlage zu "klein" ausgelegt, dann wird keine gute Bremswirkung erzielt. Die Bremsleistung ist nicht ausreichend. Ein Maß für die erforderliche Mindestbremsleistung ist - salopp gesprochen - daß die Reifen an ihrer Haftreibungsgrenze dauerhaft abgebremst werden können.

Ist die Reibfläche und der Druck der Beläge auf die Reibfläche zu klein, dann wird nicht viel Verzögerung möglich sein. Ist die Anlage so gut ausgelegt, daß die Reifen beim Pedaltreten sofort blockieren, ist schonmal gut, daß die Anlage das schafft. Bremst man mit blockierten Reifen ab, dann ist das eine Möglichkeit, die kein Kurvenfahren ermöglicht und die Reifen platt radiert. Und die Abbremsung ist nicht optimal (siehe unter Reibung). Optimal wird die Abbremsung nur, wenn µ größtmöglich ist. Das ist es, wenn die Reifen nicht rutschen (µ ist klein), sondern abrollen (µ deutlich größer). Wird eine Anlage so betrieben, dann muß sie über den gesamtem Abbremsweg ohne fading und Überhitzung ständig Reibungswärme abführen. In diesem Falle wird die Mindestbremsleitung dargestellt, die die Anlage bringen können muß.

Nun zur Bremsanlage von EVO-4:

Ich könnte also jetzt Berechnungsformeln in schlauen Büchern finden, auf meine Anwendung justiern, Reibwerte bei Komponentenherstellern erfragen oder auch Versuche fahren, um diese zu erlangen. Und dann eine perfekt passende Anlage konzipieren. Ist mir echt zu viel Arbeit, und ich ahne, daß es teuer wird :-)

Ich weiß, daß die Bremsanlage von EVO-3 sehr gut funktioniert und dabei nicht mal richtig warm wird. Sie hat also eine deutliche Reserve. Das sind 3 Bremssättel eines Motorrades, was mit Fahrer gut 300kg wiegen kann und auch um die 230km/h fahren kann. EVO-3 wiegt mit Fahrer so 210kg (70%) und schafft nur gerade so 170km/h (75%).

EVO-4 wird eher 300kg (100%) wiegen und wohl auch potentiell 220km/h (100%) erreichen. Benutze ich also 4 Bremsen mit größeren Druckkolben, statt drei, und Scheiben, die denen von EVO-3 gut überlegen sind, denke ich, daß damit schon viel getan ist. Ebenso wird der Schwerpunkt des Karts eher weiter nach hinten wandern, als bei EVO-3, um den Andruck der Hinterräder zu erhöhen - und damit ihren Anteil an der Bremswirkung.

Das sind grobe "Schätzungen" !!! Da ich schon einige Zeit Kart fahre und gewohnt bis, den Grenzbereich langsam zu ertasten, wird es mir sicher im Ansatz schon auffallen, wenn die Bremsanlage nicht die zu erwartende Bremsleistung erbringt.

***

Das sind die schönen alten Bremsscheiben der ebenso alten Reifen auf ebenso alten geteilten Felgen, die ich von Roberts altem ZIP-Kart ergattert hab.

Retro gefällt mir ja - aber sicher soll's schon sein. Deshalb werden leistungsfähigere Bremsscheiben verwendet. Hier liegen die beiden nebeneinander:

Marerial:
Stahl, 6mm
voll

Durchmesser:
160mm

effektive
Reibflächenbreite:
31mm

Marerial:
Stahl, 12mm,
innenbelüftet

Durchmesser:
210mm

effektive
Reibflächenbreite:
37mm

Eine der vier neuen Bremsscheiben birgt eine Überaschung. Ein paar der inneren Rippen sind nicht korrekt "ausgegossen". Man erkennt die Fließnähte. An dieser Stelle sind die Fließfronten nicht ineinandergelaufen. Könnte am mangelden Gießdruck, eher an der zu niedrigen Temperatur liegen. Die Rippen sind nicht "einstückig". Es ist mit dem Verwerfen der Scheiben bei Wärme zu rechnen. Das erzeugt seitlichen Schlag, und damit Vibrationen beim Bremsvorgang. Also Umtausch.

Um diese Riesenscheiben an die Radsterne zu schrauben werden Adaptorringe aus Aluminium gedreht.

Nach dem Demontieren der Bremsscheiben erkenne ich das nächste Problem. Die Bremsscheiben sind in den Radsterndomen nicht nur verschraubt, sondern auch mit Spannstiften positioniert. Dies ist erforderlich, wenn keine andere Zentrierung vorhanden ist oder die Schrauben die erforderliche Flächenpressung nicht aufbringen, um die Scheibe gegen Verrutschen beim Bremsen zu halten. Bei 3xM6 in Aluminium ist letzteres zu erahnen. Einer der Spannstifte ist soweit im Radsterndom verschwunden, daß er nicht wirklich die neuen Adaptorringe fixieren kann.

Schlimmer noch - er ist nichtmal anzupacken, um herausgezogen zu werden. Da ich grad beim Zahnarzt war, weiß ich, was zu tun ist: Freifräsen, Rausziehen, Wurzenfüllung, Kraterfüllung und Nachbearbeiten. Meine Betäubung hat noch gewirkt - das Fräsgeräusch war etwas niederfrequenter...

Anschließend wird die alte Bremsscheibe wieder montiert. Dabei stellt sich heraus, daß sie sehr gut über den Reibflächenansatz und die Radsterndome zentrisch geführt wird. Damit ist ein langwieriges Ausrichten nicht erforderlich und das Loch für den Spannstift kann abgebohrt werden.

Anschließend werden längere Spannstiffe an beiden Radsternen montiert, die nicht versehentlich im Loch verschwinden können, weil sie länger sind, als die Löcher tief (ich kann kombinieren, bin ja Ingenieur, hihihi). Die Spannstifte sollen die Adaptorringe zentrieren und gegen Verrutschen sichern. Hier am Bild des rechten Vorderrades fast zu erkennen. Die kleinen Löchlein am Innenrand des Adaptorringes... Jaja - die Muttern werden noch durch selbstsichernde ersetzt - aber erst, wenn die Endmontage gemacht wird.

Achja, ein nettes Detail am Ende. Die Rippen der Bremsscheiben sind nicht zentrisch ausgerichtet, sondern wie Schaufeln eines Lüfterrades. Damit ist klar, daß die Bremsscheiben ein einer bestimmten Drehrichtung besser kühlen, als in der anderen. Sie müssen so drehen, daß die Luft von innen nach außen gedrückt wird. Diesem Effekt liegt u.a. die Zentripetalwirkung zu grunde.

Hier ist die "richtige" Montage am Bild des linken Vorderrad dargestellt (Blick von vorn; das Rad steht da nur, die Achschenkelaufnahme zum Chassis ist noch in Arbeit). Da die Befestigungslaschen der Bremsscheiben asymmetrisch angeordnet sind, ist klar, daß die Konstruktion der Adaptorringe so sein muß, daß sie an beiden Vorderrädern funktionieren. Das ging fast zu machen - die Zeichnung zeigt das. Unberücksichtigt war allerdings, daß die Schrauben der Lenkdrehachse einen Kopf und eine selbstsichernde Mutter bekommen. Beides paßte nicht in die Ringe. Gut, es gibt Schrauben mit flacherem Sechskantkopf, welcher nach Maßblatt paßt. Jedoch gibt es keine selbstsichernden Muttern, die flacher sind, als normale Muttern. Mir ist keine andere Möglichkeit eingefallen, die Schraube einfach reversibel zu sichern, die flach genug ist. Also mußten die Adaptorringe etwas ausgedreht werden. Damit passen sie nur noch auf einer Vorderradseite - na gut, ich tausche sie ja eh nicht gegeneinander aus ;-)

***

Die Scheiben sind dran. Die Bremszangen sind aber für die originalen 8mm breiten Scheiben ausgelegt.

Die 12mm-Bremsscheibe paßt nicht zwischen die Belagstützen (das sind die beiden kleinen Rippchen am Bremszangenkörper rechts und links neben den Bremsbelägen). Sie stützen die Beläge ab, denn beim Bremsen würden sie mit der Scheibe mitgehen - und das halten die kleinen Belaghaltestifte nicht aus. Beide Zangenhälften sind durch zwei Bolgen verschraubt. Und da eine Zange nur einen Bremsflüssigkeitsanschluß hat, aber gegenüberliegende Druckkolben muß die Bremsflüssigkeit übergeführt werden. Das passiert an den Löchern oberhalb der Bolzenbohrungen. Die Ringdichtungen sorgen dafür, daß keine Bremsflüssigkeit im Trennspalt ausläuft.

Es gibt viele Möglichkeiten, die 12mm-Bremsscheibe in die Zange zu bekommen:
- Stützrippchen abfräsen, Bremsbeläge abfräsen,
- Scheiben dünner drehen,
- Bremszangen breiter machen,
- andere Paarung verwenden.

Letzteres kommt nicht in Frage, denn das Material ist schon da und außerdem bin ich doch Selberbauer :-) Das Abfräsen neuer Bremsbeläge ist irgendwie unschön - schließlich geht dadurch Nutzungsdauer verloren - die Beläge werden dadurch kalkulatorisch teuer. Also bleibt nur das Verbreitern der Bremszangen.

Das ist durch ein Blech in der Trennnaht beider Zangenhälften machbar. Dazu besorg ich als erstes zusätzliche Dichtungen. Die originalen hab ich nicht bekommen - also ich wollte nur für zwei Dichtringe keine vollständigen Reparatursatz kaufen, ich Geizhals... Bei einer Industrievertretung für Dichtungen hab ich dann den netten Herrn überzeugt, daß ich als Privatmann keine 5000 Stück abnehmen werde, sondern ein paar Muster ;-) Er suchte auch lächelnd maßlich passende aus NBR (Acrylnitril-Butadien-Kautschuk) aus dem Musterregal und wünschte mir guten Erfolg.

Schaut man allerdings in seinem dicken Firmenkatalog nach (Simrit), dann ist NBR nicht so sonderlich gut beständig gegen Bremsfküssigkeit. Nun - ich muß da wohl nochmal hin... Ja, er erinnert sich und sucht nach EPDM- und PTFE-Ringen. Hat er aber nicht in passendern Maßen ... schade. Ich werde bei einem Gummiladen fündig. Der Mensch hat zwar auch keine Ringe - aber er schneidet mir einen Streifen von 3mm-EPDM-Bahnenmaterial ab. EPDM ist bremsflüssigkeitsfest. Benzin und Motoröl verträgt es nicht so, aber die Rinde sind ja vollkommen eingebaut und bekommen außer Bremsflüssigkeit eigentlich nicht mal Luft.

Nur... ich muß mir die Ringe selber ausschneiden. Das Innenloch geht ja super mit Omis Lochzange (5mm). Für den Außendurchmesser würde ich ein Stanzeisen nehmen, hab jedoch nur eins für 10mm. Die originalen Ringe sind 13mm. Also bau ich mir ein Stanzeisen aus 16mm Rohr. Ich drehe außen eine umlaufende Fase, so daß der Innendurchmesser (13,5mm) senkrecht ausschneidet. Mit dem 10mm Locheisen stanz ich mir nemeb den Dichtungen mit 5mm Loch auch welche mit 10mm Loch. Diese lassen sich besser zusammendrücken.

So kann ich sogar noch Ringe nachmachen, wenn mal ein originaler kaputt geht. Je ein Ring aus NBR und einer aus EPDM werden in Bremsflüssigkeit gebadet, um die Haltbarkeit zu testen. Die Bremszangenhälften nebeneinander zeigen, daß eigentlich nur kleine Zwischenstücke erforderlich sind.

Diese werden aber nur durch je eine Schraube fixiert. Das erweckt keinen guten Eindruck von langlebiger Lagesicherung im Betrieb (thermisch & mechanisch dynamische Belastungen). Also wird ein U-Stück gebaut, was den Belastungen sicher standhalten wird. Für die neuen Dichtringe werden Senkungen mit möglichst feiner Oberfläche eingebracht, die flacher sind, als die Dichungen dick, sodaß die Dichtungen auf Druck belastet werden und damit gut dichten.

Das Bohren der 10mm Durchgangsbohrungen für die Schrauben muß präzise geschehen - schließlich soll die Zwischenlage nicht groß ihre Position ändern können. Das würde die Dichtungen beschädigen. Da die Zwischenlage nun gute 6mm dick ist, muß geprüft werden, ob die originalen Schrauben noch genügend Einschraublänge erzielen. Da das Gewinde ca 4mm tief im Gewindesackloch erst beginnt, bleiben nur rein rechnerisch 9mm Gewinde übrig. Das ist mir gefühlsmäßig zu wenig - schließlich waren es vorher 15mm, also ca. 1,5 x Schraubendurchmesser. In Stahl würde ich das akzeptieren - in Alu nicht. Und, die Konstrukteure werden sich was dabei gedacht (gerechnet) haben und nicht längere Schrauben und Bohrungen verwenden, wenn es nicht notwendig ist.

Schaut man sich die (originalen kurzen) Schrauben an, so erkennt man, daß es keine normalen Schraubengewinde sind. Es ist ein Feingewinde M10x1.25. Sowas bekommt man nicht an jeder Ecke - schon gar nicht in einer solchen Mindermenge. Feingewinde wird es sein müssen, da die Schrauben durch gute Selbsthemmung gegen Lockern gesichert werden müssen. Das Unterlegen von Federringen oder Zahnscheiben ist nicht anzuraten, da diese sich durch das hohe zu erwartende Anzugsmoment "nur" im Alu verkrallen würden und nicht im Schraubenkopf.

Ein Loch für M12 bohren geht nicht, weil zu wenig "Fleisch" vorhanden ist. Durchbohren und eine M10 - 80mm lange Schraube mit Regelgewinde plus Mutter nehmen geht auch nicht, denn die Außenfläche, wo die Mutter anliegen würde, ist nicht plan und außerdem setzt hier eine Versteifungsrippe an. Für eine gute Anlage einer Mutter nebst Unterlegscheibe müßte ich also die Rippe einfräsen. Nein, das würde die Bremszangenhälfte zu stark schwächen. Detlev erinnert mich an einem Schraubenhändler (Willy Neumann, Berlin), der auch mal Mindermengen unterschiedlichster Schraubenvarianten für Privatkunden abgibt. Er hat Schrauben DIN961 M10x1.25-60mm Güte 10.9. Das ist etwas sehr zäh - fast hart, und dem Alugewinde sowieso um Längen in der Zugfestigkeit überlegen. Damit brauche ich weder bohren noch fräsen :-) Die Schrauben werden auf 55mm gekürzt. Und dann wird zusammengebaut.

Klar - zweimal spiegelbildlich. Eine Zange für rechts vorn und eine für links vorn. Dabei tausche ich die beiden "Gegenhälften" aus, so daß der Entlüftungsnippel in der geplanten Einbauposition oben zu liegen kommt.

Da ich ja die Zangen so schön umgebaut habe, ist die Verwendung der originalen Bremsbeläge - oder zumindest Beläge gleicher Trägerplattenkontur - nun ja eine logische Folge. Die Beläge werden original durch lange Stifte gehalten, die einmal oben quer durch die Zangen und die Beläge gesteckt und dann mit Federsplinten gesichert werden. Die Stifte sind leider nicht lang genug, um sie auf die jetzt breiteren Zangen anzupassen. das heißt, daß ich das Löchlein in den Stiften für die Federsplinte nicht neu bohren kann, weil da kein Stift mehr ist, oder so ähnlich... ;-) Ich baue mir also neue ausreichend lange Stifte, um das Prinzip weiterzuverwenden:

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Beim Durchschauen der Bremssattelhälften fällt mir an einem Sattel auf, daß der Druckkolben an der Außenfläche einen Kratzer hat. Da dort auch gedichtert wird, nehme ich den Kolben heraus und stelle fest, daß der Kratzer recht tief ist. das geht so nicht - es ist undicht. Dichtring und Staubring sehen ebenfalls recht mitgenommen aus. Hier muß erneuert werden. Ich messe den kolbendurchmesser und stelle fest, daß es der gleche ist, wie bei dem hinteren Bremssattel der FZ750. Den brauch ich ja nicht und so baue ich eben Kolben und die Dichtungen um. Dabei schon die Dichtungen, den Kolben und den Sattel gleich richtig saubergemacht. Ich nehme dazu Bremsflüssigkeit und einen weichen Lappen. Es wird auch Spiritus empfohlen - aber das sorgt bei mir immer für Kopfschmerzen. Außerdem konnte ich nirgends eine bestätigung finden, ob Spiritus nicht die Dichtungen irgendwie angreift, oder nicht. Die Dichringnuten säubere ich mit einer Zahnbürste - bloß nichts härteres, ist ja "nur" Aluminium. Das dauert, denn die Verschmutzung in der Nut des Staubrings ist eingetrocknet und widersetzt sich ziemlich lange...

***

Die Bremszangen müssen ja auch einen Hauptbremszylinder bekommen, der die Fußkraft in Bremsflüssigkeitsdruck "konvertiert". Ich greife auf die Alten Dinger zurück, die ich von Roberts altem ZIP-Kart bekommen hab.

Ich stelle fest, daß die Mechanik festgewachsen ist und die Anschlüsse inkompatibel - es sind Kalottenfittings mit Überwurfmutter, R3/8-Zollgewinde. Die Bremsanlage der FZ750 (wo die Sättel her sind) hat M10x1.25 Hohlschrauben mit Ringfittings. Da werd' ich wohl wieder ein paar Adaptoren bauen müssen. Aber erstmal muß ich testen, ob die Hauptbremszylinder überhaut noch brauchbar sind. Also vorsichtig zerlegen...

Ja, geht alles noch nachdem ich etwas Bremsflüssigkeit überall reingetröpfelt hab. War anscheinend nur angetrocknet. Die Topfmanschette - der runde große topfförmige Klumpen, der beim Betätigen des Druckzylinders die Bremsflüssigkeit in die Bremsanlage drückt - hat einen kleinen Span an der Dichtfläche. Hab ich den dummerweise beim Zerlegen dahingezaubert? Ich mache ihn ab und sehe eine Markierung. Eieiei - hoffentlich ist die Manschette nicht undicht. Diese Anlage ist so alt, da bekomme ich bestimmt keine passende Topfmanschette mehr. Mein Puls steigt... Ich baue den Hauptbremszylinder(HBZ) wieder zusammen und schließe eine ZIP-Bremszange an. Dann befülle ich die Anlage und versuche sie zu entlüften. Dann wird in die Bremszange ein Bremsscheibenersatz plaziert und der HBZ gepumpt. Soweit geht alles super. Ich spanne den HBZ in den Schraubstock und belaste den Hebel mit ca. 20Nm. Dieser Aufbau ist ja schonmal genutzt worden, um die Langzeitdichtigkeit der umgebauten Bremszange zu testen - hier wird jetzt die Topfmanschette des HBZ getestet.

Nach einem halben Tag ist an der gesamten Anlage kein Leck zu erkennen und der Hebel hat sich auch nicht gesenkt. Damit sollte die Topfmanschette unbeschädigt und der HBZ nutzbar sein.

Dann gucken wir doch mal nach der Technik im besonderen ;-)

Als erstes hab ich den Druckkolben ausgemessen. Warum? Der HBZ muß sicher die Menge Bremsflüssigkeit liefern können, die die beiden Bremszangen brauchen, um sicher zu bremsen. Das Schnittbild zeigt den HBZ und den Druckzylinderdurchmesser nebst maximalem ausgetasteten Verfahrweg.

Damit kann also der HBZ bei einmaligem vollem Hub 5.4ml pumpen (V=D^2*PI/4*h). Der HBZ der FZ750 hat einen Kolbendurchmesser von 18mm und macht einen Druckhub von 10mm. (Zum Unterschied Hub/Druckhub gleich mehr), pumpt also 2.6ml. Da die FZ750 an der Vorderbremse mit diesem HBZ auch 2 Zangen befüllt, sollte also die locker mal doppelte Füllmenge eine ausreichende Reserve bedeuten, der ZIP-Kart-HBZ paßt also :-)

Der HBZ des ZIP-Karts hat etwas nicht, was aus Sicherheitsgründen HBZ von straßenzugelassenen Motorrädern haben müssen. Ein Nachlaufloch. Das ist ein kleines Loch, durch das aus dem Reservebehälter Bremsflüssigkeit in den Druckraum des HBZ laufen kann.

Das wird wichtig, wenn die Bremsanlage irgendwo leckt. Der kleine Verlußt kann aus dem Reservebehälter nachlaufen, wenn der Kolben des HBZ in die Endlage zurückgelaufen ist. Sobald die Topfmanschette beim Betätigen der Bremse an dem Nachlaufloch vorbeigelaufen ist, ist der Druckraum abgeschlossen und der Kolben kann Druck aufbauen. Ab jetzt bis zum Anschlag macht der Kolben den Druckhub. Dieser ist kleiner, als der maximale Hub des Kolbens. Deshalb hab ich oben nur den Druckhub für die Berechnung angesetzt. Ich werde dieses Nachlaufloch und einen Reservetank nachrüsten.

Als erstes bestimme ich die Position des Nachlaufloches. Aus obiger Skizze geht hervor, daß es dort liegen muß, wo die Druckmanschette bei voll zurückgezogenem Druckkolben das Loch gerade so freigibt. Das Loch darf auch nicht zu weit "vorn" liegen, denn dann verschenke ich Druckhubweg. Das Ausmessen des Kolbens und besonders der Kolbenendstellung mache ich mehrmals, denn die Bohrung muß beim ersten Mal sitzen. ich kann ein falsch gebohrtes Loch nur durch Zuschweißen wieder verschließen. Das anschließende sehr feine Nachbearbeiten der Druckkolbenbohrung kann ich nicht vornehmen, weil mir die erforderlichen präzisen Werkzeuge und Maschinen fehlen.

Ich bohre erst eine Sachbohrung, in die ich einen Fitting für die Zuleitung vom Reservebehälter einschrauben kann. Dann anschließend bohre ich mit einem 0.8mm-Bohrer das Nachlaufloch durch den Grund der Sackbohrung. Danach wird das Gewinde für den Fitting geschnitten.

Und jetzt wird's präzise. Mit 800(naß)-Schleifpapier und einem Werkzeug, daß andere als Beleidigung bezeichnen könnten (hihihi...) entferne ich den Grat der nachlaofloches in der Druckkolbenbohrung. Da nehm ich mir schon ein bischen Zeit... das muß man schon mit dem richtigen Gefühl machen...

Die Anschlüsse für die Bremsleitungen in den HBZ sind irgendwas zölliges. SOgar konisch. Also aus dem Hydraulikbereich. Solch Gewindebohrer hab ich nicht - und für zwei Anwendungen kauf ich mir sowas auch nicht. Das Verschraubungssystem der Bremssättel ist M10x1.25. Ich hab ja aus der FZ750 schon viele solche Hohlschrauben und denke, daß ich die Bremsschläuche aus dem Moppedbedarf in passender Länge einfach und nicht allzu teuer erstehen kann - möglicherweise sogar gebrauchte (Muß ich natürich auf Dichtigkeit prüfen, bevor ich damit auf die Bahn gehe, logisch oder?...).

Also baue ich einen Adaptor auf dieses System. Ausgangsseitig also ein Innengewinde M10x1.25 und eingangseitig... hmmm. Die Zylinder sind aus Aluminium. Die Wand, in die die Adaptoren eingeschraubt werden müssen ist ca 8mm dick. Das ist nicht viel. Ich entscheide mich, möglichst viele Geweindegänge zu benutzen und außerdem ein Feingewinde zu nehmen, weil das eine sehr hohe Selbsthemmung gegen herausdrehen hat. Der nächstgrößere Gewindebohrer (vom im HBZ vorhandenen Gewinde ausgehend) in meinem unüberschaubaren Werkzeugarsenal, zu dem ich auch ein passendes Schneideisen für den Adaptor hab, ist ein R1/8 Zoll. Ja, das sieht gut aus. Ich schneide also so ein R1/8"-Gewinde in die HBZ. Anschließend werden zwei Adaptoren gedreht, gebohrt und Flächen für einen Maulschlüssel angefräst. Die Flächen braucht man, um die Adaptoren festzuschrauben. Wer nimmt schon gern eine Wasserpumpenzange...nee, also... ;-)

Jetzt wird die gesamte Bremsanlage zusammengebaut. Ich verwende die Bremsschläuche der FZ750 und ein paar zusätzliche, die ich von Kumpels bekommen habe. Sicher, neue und vor allem Stahlflexschläuche sind hier viel besser. Ich werde aber die ersten Testfahrten so machen. Merke ich, daß die Bremsanlage zu "weich" ist, dann wird umgerüstet werden müssen.

Ich baue beide HBZ nebeneinander und entlüfte die Anlage. Anschließend prüfe ich die Dichtigkeit der HBZ gleich mit den Zangen an dem jeweiligen Bremskreis. Das prinzip ist erprobt(siehe oben). Also eine lange Stange an die Hebel und einen Ausleger, an dem ein Gewicht gehängt wird, daß dann über die Hebelübersetzung gerechnet der maximalen Fußkraft entspricht, die ich nicht überschreiten möchte. Hier setz ich die Max. Fußkraft bei ca. der Hälfte an, denn eigentlich betätige ich ja zwei HBZ mit einem Fuß. Alles wird trocken gewischt und unter dem HBZ wird ein weißes Tuch gelegt, so daß Tröpfchen aufgefangen werden und daran evtl. auch die Leckstelle rückverfolgbar ist. So laß ich das über Nacht stehen.

Die HBZ sind dicht. Als ich sie betätige fällt mir auf, daß die Druckkolben der HBZ nicht immer und vor allem nicht vollständig in ihre Ausgangslage zurückrutschen, wenn ich die Hebel loslasse. ich untersuche das nach mehreren versuchen und tagen immer wieder und muß feststellen, daß die Topfmanschetten zu "dick" sind. Der HBZ-Zylinder hat einen Durchmesser von 23.9mm - die Topfmanschetten haben 24. Beide. das ist nicht funktionabel. Die Erklärung erscheint logisch: Sie sind gequollen. Üblicherweise das Resultat von Berührung mit einer "inkompatiblem" Flüssigkeit. Das kann angesichts der sehr alten HBZ eine Bremsflüssigkeit sein, die mit der aktuell verwendeten (Glykol-Basis, DOT4) nicht kompatibel ist. Ein Entquellen ist nach Rücksprache mit unserem Chemiker in meiner Firma möglich (und ich hab's auch hinbekommen), aber keine Dauerhaft funktionierende Lösung, denn die Manschetten sind sicher nicht für DOT4 geeignet.

Die nächste Aufgabe ist also klar: Finde Topfmanschetten. Keine erkennbare Bezeichnung auf den Dingern - toll, fängt gut an... Ich finde heraus, daß zöllige Nennmaße für Dichtungen im Fahrzeug-Bremsenbereich üblich sind. Für meinen HBZ also 15/16" = 23.81mm. Die Bohrung ist aber 23.9. Hmmm. Ich ertelefoniere die technischen Ansprechbaprtner bei ATE und FTE. Beide stellen dar, daß sie erstmal für meinen Anwendungsfall keine Garantie übernehmen, denn sie bauen ausschließlich in ihre Produkte ein. Bla... Ich bekomme aber bei FTE aber doch technische Hilfe, nachdem ich mich anscheinend konstruktiv kompetent darstellen konnte und gemeinsam finden wir die passenden Typen. Ich kann sie sogar hier in der Nähe Berlins bestellen - 10km von meiner Arbeitsstelle entfernt ;-)

Klar, daß ich keine Topfmanschetten bekomme, sondern Ringdichtungen. Topfmanschette... viel zu alte Technik. Ok. Also muß ich zusätzlich noch neue Druckkolben bauen. Ich messe also die erforderlichen Verhältnisse (Wege, Positionen) im HBZ aus, ermittle die Dehnbarkeit der Dichringe und konstruiere die Kolben und drehe sie mir auch gleich. Ich verwende als Dichtring und Druckring die gleichen Typen - nach Auskunft des Technikers bei FTE kein Problem, wird auch oft so gemacht. Ich nehme ALU für die Kolben und am Drucksattel baue ich eine Stahlschraube als Druckpilz ein, damit dort kein Verschleiß entsteht.

Jetzt wird montiert. Um einer Verletzung der Dichtlippen der Dichtringe vorzubeugen stecke ich an der scharfkantigen Stelle im HBZ (da, wo die Nut für den hebel eingefräst ist) ein 0.1mm starkes Stahlbrech als Kantenschutz ein. Dann wird alles schon mit Bremsflüssigkeit eingerieben und montiert.

Anschließend wieder die Bremsanlage zusammenbauen, entlüften und dann wieder der Dichtigkeitstest. Ich wiederhole die Kolbenbewegungstests nach immer längeren Ruhepausen und stelle fest, daß die Anlage so wohl standfest sein sollte.

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Da nun zwei HBZ vorhanden sind die jeweils einmal die vorderen beiden und einmal die hinteren beiden Bremszangen bedienen, kann so auch eingestellt werden, ob und wieviel Bremsdruck "vorn" und "hinten" beim Pedaldruck gegeben wird. Das ist ein wichtiges Detail. Bremst die hintere Achse zu wenig, geht Bremsweg verloren. bremst sie zu stark, blockieren die Hinterräder, bevor die Vorderräder maximale bremskraft aufbringen. Auch so geht Bremsweg verloren, denn rutschende Reifen bremsen schlechter, als abrollende.

Im letzten Bremsfall kommt noch etwas anderes hinzu: Eine rutschende hinterachse wirkt auf das Fahrverhalten instabil. Nur rollende Räder halten die Spur. Das kart würde also irgendwie schräg wegbremsen. Das ist auch schlecht für die Kontrolle des Karts. Aber welche Bremskfaftverteilung brauche ich nun? Hier erkenne ich, daß ich ohne berechnung nicht weiterkomme - die anfängliche Schätzung über die Dimensionieren der Bremsanlage reicht an dieser Stelle nicht mehr aus. Nachdem meine Literaursuche nicht schnell zum Erfolg geführt hat, rechne ich eben selbst. Bin ja Ingenieur :-)

Ich lege meine Berechnung auf maximale Verzögerung aus. Das ist der Extremfall und der muß funktionieren. Alles andere ist sicherheitsmäßig nicht so bedenklich - und auch irgendwie komplizierter zu berechnen. Essentieller Faktor neben Reibwerten der Reifen und der Bremsscheiben/-belägen, sowie der radaufstandsverhältnisse ist die Schwerpunktshöhe des Karts. Die kann ich ja auch inzwischen ermitteln. Ich erkenne, daß das Berechnungskonstrukt recht sensibel ist. Hält man die Schwerpunktslage nicht sauber ein, so verlängert das doch deutlich den Bremsweg. Besonders interessant ist, daß ein extrem tiefer Schwerpunkt eben nicht der Weisheit letzter Schluß ist, denn die Aufdruckkraft (Abtrieb) der Reifen auf die Bahn ist entscheidend für das Abbremsverhalten. Je tiefer der Schwerpunkt (ab einem bestimmten Wert), um so länger wird der Bremsweg. Das gilt auch für das entgegengesetzte Extrem. Dazwischen liegt das Optimum. Ich probiere also viel mit den geschätzten Gesamtgewicht von EVO-4 (inkl. Pilot versteht sich) und der Schwerpunktslage und Höhe. Ich finde ein paar Wertebereiche und Anhängigkeiten, die eine maximale Verzögerung (jaja, rechnerisch) erreichen lassen. Diese Wertebereiche versuche ich bei EVO-4 umzusetzten.

Joachim war so nett und hat mir ein sehr guten Buch zur Leihgabe geschickt, daß das Thema Bremsanlagen gut erklärt. Ich hab ihm als Fahrzeug-Ing. natürlich gleich mein Berechnungsmodell geschickt. Beide kommen wir zu dem Schluß, daß das Modell für meine Zwecke ausreichend ist - zumindest ist es nicht falsch. Im Buch geht man von einer leicht anderen Modellierung aus, die ich nicht anwenden kann, weil ich die Kennwerte zur Schwerpunktshöhe so nicht benutzen kann. Danke an dieser Stelle an Joachim für die Leihgabe.

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Wollt ihr auch mal bei Eurem Kart rumrechnen? Dann viel Spaß ;-) Es wäre klasse, wenn ihr mir dann man mitteilt, wie die Berechnung von Euren Fahrerfahrungen abweicht. Aber Vorsicht - ich kann keinerlei Haftung für die Berechnung übernehmen. Nehmt sie als Kontrolle - mehr nicht.

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Die ersten Testfahrten verlaufen ja positiv. Jedoch erkenne ich, dass die Bremsscheiben vorn nicht so viel Bodenfreiheit haben, wie ich dachte. Oder andersrum, die Reifen lassen sich in Kurven so stark eindrücken, dass die Bremsscheiben aufsetzten. Das erkennt man ganz deutlich an den vielen Schleifstellen auf dem Scheibenmantel. Für die Scheiben ist das bestimmt nicht gut. Zusätzlich rollt sie nicht, sondern rutscht quer zur Drehrichtung über den Boden. Das ist eine deutliche Querbelastung, für die sie nicht ausgelegt ist. Bremsscheibenschaden ist vorprogrammiert.

Fahrtechnisch ist das viel bedenklicher. In Kurven drückt sich das kurvenäußere Vorderrad so stark ein, dass die Bremsscheibe aufsetzt. Somit übernimmt sie die Aufgabe des Reifens. Und das kann sie nicht. Sie erzeugt äußerst wenig Grip.

Also müssen Scheiben her, die einen geringeren Durhmesser haben. Meine Kumpels mit großen Bremsscheiben im Kart geben an, dass 190mm-Scheiben klaglos funktionieren. Meine sind 210mm im Druchmesser, und das ist zu viel. Nach langem Suchen passender Scheiben, die auch dem großen erforderlichen Innendurchmesser genügen, gebe ich auf. Nix kaufbares zu finden. Also muß ich wohl anfertigen lassen. Nö. Ich bin doch Selberbauer ;-)

Ich besorge mir einen Drehstahl für Guss und drehe mir die Scheiben ab. Das geht mit langsamster Drehzahl der Drehmaschine und einer Spandicke von gigantischen 0.2mm. Pro Scheibe benötige ich so rund 2 Stunden und 2-3 Stahlanschliffe. Ich bringe die Scheiben auf 196mm Durchmesser. So bleibt noch genügend Reibfläche übrig. Eine Kontrolle mit der Bremsberechnungstabelle zeigt, dass die Bremskraft und die Ballance kaum davon betroffen sind. Inwieweit sich nun die Beläge schneller abnutzen wird sich zeigen.

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Durch einen netten Zufall komme ich zu ein paar 4-Kolbenbremssättel.

Ich bin mit den 2-Kolbensätteln der FZ750 an Evo-4 bisher ganz zufrieden. Die Beläge fahren sich nicht übermäßig schnell ab und die Bremseigenschaften lassen über längere Benutzung auch nicht merkbar nach. Ich bin aber ach noch nie mehr als 20min am Stück "volle Lotte" gefahren. Mehrkolbensättel haben prinzipiell einen entscheidenden Vorteil: Sie nutzen die Belagfläche besser aus. Ich vergleiche also beide Satteltypen mit den Einbaubedingungen an Evo-4:

Reibflächenbreite der bearbeiteten Scheiben ist jetzt 31mm.

2-Kolben:
- Kolbendurchmesser 45mm, also Druckfläche 1590mm^2
- wirksame Druckfläche(wg. schmalerer Reibflächenbreite) ca 75%, also 1200mm^2
- wirksame Belagfläche 31mmx63mm(Belagbreite), also ca. 2000mm^2

4-Kolben:
- Kolbendurchmesser 30mm und 34mm, Druckfläche 1630mm^2
- wirksame Druckfläche ca 95%, also 1540mm^2
- wirksame Belagfläche 31x74mm, also 2290mm^2

Der Vergleich ist eindeutig: Die 4-Kolbensättel nutzen eine deutlich größere Reibfläche(17%) und erzeugen auch eine, wenn auch minimal, größere Andruckkraft(2,5%). Die wirksame Druckfläche ist auch deutlich größer(28%), was die eindeutig besser Andruckkraftverteilung auf die Beläge erzeugt.

Also - die 4-Kolbensättel werde ich verwenden. Sie sind aus zwei Hälften zusammengeschraubt. Darauf hab ich geachtet, denn ich muß sie wg. der 12mm breiten innenbelüfteten Scheiben verbreitern. Das kenn ich ja schon und so geht's diesmal auch schneller.

Die Zwischenstücke und die Dichtungen stelle ich selbst her. Ich besorge längere Verbindungsschrauben. Bei diesen Sätteln sind überaschenderweise ganz normale Inbusschrauben mit Regelgewinde verbaut. DIN912, M8x35. Ich wähle M8x50 und kürze sie soweit, dass die Schrauben den Gewindeboden in eingebautem Zustand nicht berühren. Ich hätte die Gewinde auch durchbohren können - aber da das fertigungstechnisch viel sinnvoller wäre (Spanabfluß, säubern nach dem Bearbeiten), aber trotzdem nicht gemacht wurde, mach ich das auch nicht.

Als ich die Sättel wieder zusammenschrauben möchte, fällt mir auf, dass ich die Sattelhälften nicht vertauschen kann. Das hatte ich bei den 1-Kolbensätteln gemacht, damit die Entlüftungsschraube oben liegt. Mach ich das hier, liegen Kolben unterschiedlicher Durchmesser gegenüber. Das würde die Sättel und Bremsscheiben beim Bremsen schief drücken. Und das mag eine Bremsscheibe nun gar nicht. Also normal zusammen schrauben.

Die Belaghaltestifte sind nun "zu kurz". Sie ragen fast vollends in die Aufnahmebohrungen, stehen aber nicht drüber hinaus. In normalem Sattel wird auf das durchstehende Belaghaltestiftende eine Klammer aufgeschnappt, die sich evtl. lockernde Stifte gegen rausrutschen sichern soll. So werden die Beläge notfalls noch so lange gehalten, bis der Pilot merkt, das da was nicht stimmt.

Solch eine Sicherung muß schon sein, jedoch möchte ich mir keine längeren Stifte drehen. Ich denke an eine Verdrehsicherung, denn die Stifte werden ja eingeschraubt. Am besten ist ein Sicherungsblech, was man gegen eine flache Seite des Schraubenkopfes drückt. Da das nun Inbusschrauben sind, haben die einen runden Kopf. Ich schleife also eine platte Stelle an den Kopf. Als Blech nehme ich 1mm-Lochstreifen, den es im Baumarkt in der Holzwerkerabteilung gibt. Der ist mehrfach biegbar, aber trotzdem nicht zu weich. Da schneide ich mir die Sicherungen heraus.

Jetzt kommt der Einbau an Evo-4. Und da fällt mir auf, dass es bestimmt einen Grund hat, dass die 4-Kolbensättel unterschiedliche Kolbendurchmesser haben. Aus meinem Bremsenbuch erkenne ich, dass dies mit der Reibkraft der Beläge an ihren Abstützstellen zu tun hat. Die Beläge werden beim Bremsen gegen eine Anschlagfläche der Bremssättel geschoben. Drückt man nun die Beläge weiter gegen die Scheibe, wirkt eine Reibkraft, die die Beläge an der Anschlagfläche zurückhalten möchte. Diese muß also durch die Kolben zusätzlich überwunden werden, damit die Beläge gleichmäßig an die Scheibe gedrückt werden. Und das übernimmt der Kolben, der dichter an der Anschlagfläche sitzt. Er ist also der größere der beiden. Aha.

Baue ich die 4-Kolbensättel so ein, wie die 2-Kolbensättel, wäre das mit minimalen Anpassungen getan, denn die eine Haltebuchse passt erstaunlicherweise schon ganz genau. Ich müßte nur die zweite hinzu setzten, da der Anschraubabstand der 4-Kolbensättel 100mm, statt 80m ist. Jedoch laufen die Bremsscheiben bei dieser Satteleinbaulage in der falschen Richtung durch die Sättel. Erst wird der große Kolben durchstrichen, dann der kleine. Fazit: Die Beläge werden sich schnell schief abnutzen.

Sehr schief abgefahrene Beläge können auch die Bremskolben schief stellen - und das kann dazu führen, dass sie klemmen bleiben. Die Bremse läßt dann nicht mehr los und reibt sich warm. Damit dehnt sich alles an der Bremse aus und es kann zum Festklemmen der Bremsscheibe kommen, ohne dass man auf die Bremse tritt. An der Vorderachse von Karts führen einseitig wirkende Bremsen sofort zum seitlichen Ausbrechen des Karts mit Lenkvolleinschlag. Am Lenkrad kann man das nicht verhindern - solche Kräfte bringt nicht einmal Arni !

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So ein Effekt des einseitigem Bremsens an der Kartvorderachse ist extrem gefährlich - egal, ob einseitiges Bremsen vor der Kurve oder nicht lösende Bremse nach einem Bremsmanöver. Es kann die Lenkgeometrie beschädigen, Spurstangen verbiegen oder gar abreißen. Und ein Einschlag in die Boxenmauer, Reifenstapel oder das Kart neben einem ist ebenso nicht zu vermeiden.

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Ich frage bei meinen SB-Kart-Kumpels nach, ob und welche Abnutzerfahrungen die so haben, denn einige haben auch 4-Kolbensättel unterschiedlicher Kolbendurchmesser "falschrum" verbaut. Klemmer gibt's anscheinend nicht - aber das schief Abfahren der Beläge ist auffällig. Nun, da entschließe ich mich nun doch, die Sättel in korrekter Wirkrichtung einzubauen - auch wenn das deutlich aufwendiger ist - und irgendwie "unschön" aussieht. Aber - der Fachmann wird erkennen, dass es korrekt ist ;-)

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Hier sieht man, wie unterschiedlich die beiden Bremszangenhalter sind. Der Umbau ist schon erheblich. Der recht minimale Halter der alten Zange wird durch einen Halter ersetzt, der irgendwie unschön aussieht. Aber das muß sein. Die gerelle "Käfig"-konstruktion zur Lasteinleitung in die Lenkanchslager wird beibehalten. Zur Aufbringung der Haltekraft beim Bremsen stützt sich um die Lenkachsklammer herum ab. Damit wird die Kraft wie in einem Käfig um die Lenkachse herum abgefangen. Würde der Halter Kräfte nur am oberen Flansch der Achszange einleiten, bestünde die Gefahr, dass dieser Flansch aufgrund der Krafteinleitungerichtung axial auf's Lager drücken würde. Dafür sind Rillenkugellager nicht ausgelegt. Lagerverschleiß in kurzer Zeit wäre die Folge.

halte Halterung - neue Halterung

Die Schweißarbeiten führt diesmal Robert aus. Selbstverständlich werden die Halter mit montierter Zange, Bremsscheibe und neuen Belägen erstmal angepunktet. So dass minimale Schiefstellungen damit vermieden werden. Vom Punkten zum teilweisen und dann Durchschweißen hin wird immer wieder kontrolliert und manchmal auch wieder nachgerichtet. Ja, das nimmt Zeit. Aber unterschiedliches Wirken und Verschleißen beider Vorderradbremsen ist weitgehend vermieden.

Eingebaut sieht's schon gar nicht mehr so exotisch aus. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass der Entlüftungsnippel auch am höchsten Punkt der Zange liegt. So muß beim Entlüften nicht die Zange abgebaut werden. Eine Kleinigkeit - aber wer das schon ein paar mal gemacht hat, wird wissen, was ich meine. Alle Wartungsarbeitsgänge nerven, wenn sie viel Zeit erfordern. Das erhöht den Vorbereitungsaufwand vor einem Fahrtag und behindert regelrecht, wenn man das während einer Veranstaltung tun muß.

Wie sich die neue Bremsanlage an der Vorderachse gegenüber der alten nun tatsächlich verhält muß man beim Fahren und Bremsen ausprobieren. Aber dazu ist Kartfahren ja da :-)

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