Drehzahlmesser

Ein Drehzalmesser muß ans Kart. Schon allein, weil ein Drehzahlmesser eben an eine Rennmaschine gehört. Naja, es gibt auch andere Gründe. Immerhin muß die Drehzahl des Motors überwacht werden:

1. Der Motor wird aus konstruktiven und materialtechnischen Gründen bei Überschreiten einer bestimmten Drehzahl so stark überbelastet, daß die Chance zur Zerstörung sprunghaft ansteigt.

2. Man braucht die Drehzahl als Wert für Berchnungen der Übersetzung.

3. Man kann die Drehzahl nicht sehr genau durch Hören oder Fühlen (Vibration) einschätzen, wenn man nicht der Vollprofi mit einer 35jährigen Erfahrung zu genau diesem Motors ist.

Wir haben dazu den originalen mechanischen Drehzahlmesser der RD verwendet - sogar zwei. Beide gaben jeweils innerhalb einer Saison ihren Geist auf. Sei es durch die heftigen Vibrationen und Stöße am Kart oder durch die extrem schnellen Wechsel der Drehzahl, weil der Motor durch eine kurze Gesamtübersetzung sehr schnell die Gänge "durchflogen" hat - oder weil ständiges Drehen des Motors im Bereich von 9.000 bis an die 13.000 nicht mehr so ganz der geplante Einsatzbereich des Anzeigegerätes war. Egal - pro Saison ein Drehzahlmesser erschien uns unangemessen.

Hinzu kam, daß wir keine ausreichend lange Welle bekommen konnten, und der Drehzahlmesser rechts am Motor saß. Man hatte die Anzeige eigentlich nur im Augenwinkel - und das hilft auch nicht wirklich. Im Blickfeld ist besser - im Lenkrad schon fast Formel1-mäßig.

Also muß ein elektronischer her. Recherchen ergaben, daß kaufbare uns unangemessen teuer erschienen. Also selber bauen. Es wurde ein einfacher Drehzahlmesserbausatz erstanden und zusammengelötet, der - nicht funktionierte. Er funtionierte schon, im Auto. Hmmm. Warum?

Die Lösung war relativ schnell gefunden: Der RD-Motor hatte die originale Zündanlage an bord. Das ist eine CDI - eine Kondensatorzündanlage. Eine, die keinen extra Drehzahlmesserausgang hat. Diese CDIs erzeugen nicht den Zündfunken durch Öffnen eines Schaltern im Primärkreis der Zündspule, sondern durch hastiges Entladen eines zuvor aufgeladenen Kondensators, der der Zündspule in Reihe vorgeschaltet ist.

Damit findet man an dem "Abgriffpunkt" vor der Zündspule auch etwas andere Spannungs- und Signalverhältnisse, als bei einer üblichen Spulenzündung. Und deshalb wollte der Bausatz eben nicht am Kart funktionieren. Aha. Mist.

Nach einiger Suche im Internet hatten wir Schaltungsvorlagen, die anscheinend bei vielen Leuten am Motorrad funktionierten.

Schaut beim Horstmann nach:

http://www.digitaler-drehzahlmesser.de

Wir haben seine Schaltung nachgebaut. Eine Frage in seinem Forum wurde für CDIs positiv beantwortet, so daß wir guter Hoffnung waren.

Mist, wieder wollte die Schaltung nicht funktionieren.

Wir brauchten also mehr, als einen Lötkolben. Mit Matthias, später auch Karsten und einen Speicheroszilloskop rückten wir dem Problem auf den Pelz. Das zu detektierende Signal am "Abgriffpunkt" vor der Zündspule wurde bei laufendem Motor ermittelt:

(0.5V / DIV)

Ahhh. Das Signal ist sehr klein, nur bis 1.5V. Dafür wurde eine Transistorstufe erdacht, die auch die kleinen Unreinheiten möglichst ausfiltert und einen "schönen" ausreichend gut ausgebildeteten peek aus dem schmalen scharfen peek des Eingangssignals fabriziert.

Danach wird ein Frequenz/Spannungswandler geschaltet, der aus der Frequenz des Signals eine Spannung ableitet. Diese Spannung ist proportional zur Frequenz.

Diese Spannung wird über Spannungs/LED-Band-Wandler angezeigt.

Letztendlich wird also ein LED-Band wie bei einer Stereoanlage aus den 80er Jahren die Drehzahl des Motors anzeigen. Über die Potentiometer kann man den Anzeigebereich justieren. Wir haben die gelben LED für den unteren Drehzahlbereich justiert. Die grünen zeigen den sinnvoll nutzbaren Bereich an, die roten zeigen Überdrehzahl an. Der Bereich der roten ist allerdings sehr schmal. Wenn die letzte rote LED leuchten will, wird das obere LED-Band (grüne und rote) zum Blinken mit ca. 4Hz gebracht - damits auch ins Auge springt.

So sieht die Laborplatine aus, die dann mittels Bordbatterie und div Kabeln ans Kart angeschlossen wird. Zur Kontrolle wird ein Oszilloskop mit angeschlossen.

Und wieder will die Schaltung nicht so recht. Sie zeigt ja schon was an - aber es leuchten immer alle LEDs, sobald der Motor an ist - egal welche Drehzahl. Die Kontrolle am Oszi zeigt, warum.

Das Bordnetz des Karts ist alles andere als sauber. Die Batterie ist nicht voll aufgeladen und so muß der Generator sie laden. Da es sich um einen Drehstromgenerator handelt erzeugt er pro Umdrahung drei Phasen, die durch den 9-Diodigen Gleichrichter zum Laden der Batterie in Gleichspannung gewandelt werden. Da aber die Batterie sehr schwach ist, fließt ordentlich Strom, der auch ordentlich Spannungsschwankungen erzeugt. Und die beeinflussen auch deutlich das Signal hinter der Signalanpassungsstufe. Damit erhält der Frequenz/Spannungswandler ein ca. 9fach höher frequentes Signal, was er auch geflissentlich in eine Spannung umsetzt und der LED-Treiber auch. Also muß eine Spannungsstabilisierung für die Schaltung her, die das eleminiert.

Der Horstmann schlägt eine 5V-Variante vor. Wir können die nicht benutzen, weil wir pro Treiberausgang zwei LEDs wg. der besseren Sichtbarkeit einbauen. 12V ist zu anfällig gegen starke Spannungsschwankungen. Also nehmen wir 10V.

Aha, das sieht schon viel besser aus.

Damit werden noch ein paar Testgaspedaldrücke gemacht. Gut - funktioniert - wissen jetzt auch die Nachbarn :-)

Nun wird die Schaltung ein zweites Mal aufgebaut und in ein Gehäuse gebracht, daß am Kart montiert auch eine Testfahrt überstehen kann.

Ja, er funktioniert. Unten links ist noch eine 7-Segmentanzeige und eine extra LED zu sehen. Das ist die Ganganzeige. Und da so viele Funktionen in dem Kästchen stecken, hats auch einen Namen verdient:

Lenkrad-Multi-Anzeige-Automat

kurz

LMAA

Über Winter wird die Schaltung wohl in ein schickes kleines Gehäuse gebaut. Die Testfahrt hat gezeigt, daß die LEDs nicht gut ablesbar sind. Es fehlt an Leuchtkraft und Kontrast. Das muß verbesert werden.

Wie aber fast immer, fährt man mit dem schon funktionierenden Ding, ohne es nochmal sauber zu gestalten. Fahren ist halt wichtiger, als basteln :-)

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