Hinterachse

Das wird spannend. Eigentlich nur eine hohle Stange mit zwei Rädern, Bremsscheibe und Antriebszahnrad. Das Chassis für EVO-4 hat aber gar keine Aufnahmen für die Achslager :-( Also solche angeschweißten stehenden Blechteile, wo die Achslager angeschraubt werden.

Hier mal Abbildungen des schon sehr getagten Chassis vom Minievo...

Da muß wohl gebaut werden. Und bei näherem Überlegen zum gesamten Antriebskonzept, wird dieses erstmal gründlich überlegt sein müssen. EVO-4 wird ein Kurzbahn-Chassis bekommen. Der Motor wird sicher fest verbaut, denn er wiegt so um die 70kg. Hierfür eine Mimik zu bauen, um den Motor in seiner Position zu verändern (um die Kette zu spannen) wird mir zu aufwendig. Und ... er sitzt vor dem Fahrer - wie sollen sonst Fahrer und Motor schwerpunktssymmetrisch auf ein Kurzbahnchassis plaziert werden?

Also sieht das Antriebskonzept so aus: Motor positionsfest vor dem Fahrer. Kettentrieb Ritzel-Zwischenwelle, Kettentrieb Zwischenwelle-Hinterachse.

Die Zwischenwelle ist erforderlich, denn das Ritzel liegt so hoch, daß die Kette in Hüfthöhe durch den Fahrer gehen müßte. Die Welle liegt knapp über dem Chassis und "zieht" die Primärkette also nach unten. Weiterhin bringt die Zwischenwelle dann die Sekundärkette soweit zur Seite, daß sie neben dem Fahrersitz zur Hinterachse geführt werden kann. Man erkennt, daß auch die Zwischenwelle sicher positionsfest verbaut wird. Der Achsabstand zum Ritzel kann gut ausgerichtet werden. Ein Längen der sehr kurzen Kette wird kaum zu merken sein, so daß ein Nachspannen der Kette nicht erforderlich sein wird. Die Kette zur Hinterachse wird sehr lang sein. Hier ist ein evtl. Längen auszugleichen und außerdem die Möglichkeit zu finden, die Gesamtübersetzung anzupassen - nämlich durch unterschiedliche Zahnräder auf der Hinterachse. In diesem Falle wird eine Kettenspannung erforderlich. Wenn nun die Zwischenwelle positionsfest ist, dann muß entweder ein Kettenspanner her, oder die Hinterachse verstellbar sein.

Neeee, ne? Oder etwa doch ??? Klar. Aber wie? Steps hatte sowas mal überlegt, weil er in seinem Monsterkart ein ähnliches Problem hatte, da der Motor hier auch positionsfest verbaut ist. Das Prinzip hatte Langlöcher in den Stehlagerschalen, um die Lagerschalen variabel zu verklemmen. Mir wird mulmig bei dem Gedanken, daß der Motor so 80Nm erzeugt und in den unteren Gängen dann an die ...rechnerechne ... bis zu ner halben Tonne an der Hinterachse ziehen, um das Kart zu beschleunigen. Und das mit Langlöchern? Nö. Das muß festgeschraubt sein.

Wenn ich Lagerschalen baue, die vier quadratisch angeordnete Verschraubungsbohrungen hab, dann hab ich vier Positionen, um die Lager anzuschrauben.

Wenn jetzt das Lager nicht in der Mitte sitzt, sondern außermittig versetzt, dann erzeuge ich mit jeder der vier Anschraubpositionen einen andere Position der Hinterachse. Welche Abweichkoordinaten hat also die Lagerbohrung? Nun, die Kette kann ich nur in ihrer Länge im Raster von zwei Kettengliedern ändern. Der Achsabstand ändert sich dadurch (fast gleiche Zähnezahlen der beiden Zahnräder angenommen) also um eine Kettengliedlänge. Die zu verwendende 530er Kette der Yamaha hat eine Kettelgliedlänge von 15.875mm (5/8 Zoll). Ich teile dieses Maß durch 4, weil es vier Anschraubpositionen der Lagerschalen gibt. Das ist 3.968mm - ich runde mal großzügig auf 4mm auf - genauer kann ich mit meinen Maschinen sowieso nicht arbeiten :-) Die Achsabstandsänderungswerte sind also nun: 0, 4 , 8 und 12mm. Das muß in die Mittenabweichungskoordinaten umgerechnet werden. -6, -2 , 2 und 6. Setzte ich also die Lagerbohrung in X-Richtung 6mm und in Y-Richtung 2mm außermittig, dann hab ich also nun die Möglichkeit, durch Wahl einer der vier Anschraubpositionen der Lagerschalen den Achsabstand um je ca. 4mm zu verändern. Hab ich alle vier Positionen durch, dann müßte für weitere Änderungen die Kette um zwei Kettenglieder erweitert, bzw. verkürzt werden.

Ein 4mm kürzerer Achsabstand ergibt sicher eine erkennbar ungespante Kette. Sollte das zu locker sein, dann wird's wohl zusätzlich einen Kettenspanner oder einen Gleiter geben. Aber das sehen wir dann schon...

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Die Lager für die 40mm-Hinterachse wollen irgendwie nicht draufgeschoben werden. Die Hinterachse ist anscheinend irgendwie zu dick. Komisch, sollte doch etwas kaum gebrauchtes sein. Ah - vielleicht deshalb. Na gut. Ich erweitere meine Drehmaschine um einen "Außenposten" als Gegenlager und spanne die Achse mit dem innenspannenden Drehmaschinenfutter ein. Dann geht's ans Achse Überarbeiten. Das ist mühsehlig. Lager ein Stück draufschieben und zurück. Die Markierungen erkennen und abschmirgeln. Wenn die Markierungen eher gleichmäßig am Umfang auftreten, dann Drehmaschine anschmeißen und mit Schmirgelleinen den Durchmesser an diesen Stellen Angström-weise verkleinern, bis das Lager mit wenig Druck drüber zu schieben geht. Ich brauche für die Hinterachse so 3 Tage. Beruhigend ist allerdings, daß die Achse auf der Drehmaschine einen uneingeschränkten Rundlauf zeigt - sie ist also nicht krumm - die Arbeit hat sich gelohnt.

Die Lager haben einen Außendurchmesser von 68mm. Reißt man das mal auf, so erkennt man, daß die Lagerschalen eine Kantenlänge von min 90mm haben sollten, damit die gewählten M8-Gewinde auch ausreichend Material um sich haben. Bei einem der vielen Altmetallhändler hier in Berlin finde ich eine dicke Platte Aluminium. Er schneidet mir ein großes Stück davon ab. Ich seh schon beim Schneiden, daß da helle Funken fliegen - das deutet auf einen hohen Anteil Silizium hin - und daß wiederum auf hohe Festigkeit. Beim Bearbeiten an meiner kleinen Heimwerkeruniversalmaschine bestätigt sich das. Das Aluminium ist so fest und zäh, daß ich kaum einen größeren Vorschub fahren kann, als bei Stahl(St37). Aber - genau sowas wollte ich haben, dann so kann ich ins Alu Gewinde schneiden, die nicht so leicht ausreißen :-)

Ich finde bei meinem Cousin Andy (mein Lieblingsschweißer, hihihi) ein paar Abschnitte Stahl-100er Vierkantrohr mit Wandstärke 4mm. Bevor er's zum Schrott fährt bleibt's an meinen Fingern "kleben". Daraus kann ich die Lagerböcke fertigen, die die Lagerschalen am Chassis aufnehmen. Die Maße passen ideal.

Ich fang mit dem Fräsen und Gewinde-Bohren der Lagerschalen an.

Dann wird's komisch. Wie soll ich außermittig die Lagerbohrung ausdrehen? Eine CNC-Fräse hab ich leider nicht. Also mal im Gedächtnis kramen, wie das bei der Werkzeugmacherausbildung war. Eine außermittige Aufspannung macht man mit einer Planscheibe. So eine schicke mit Nutensteinen hab ich nicht - aber ich bekomme eine Aluscheibe mit Spannansatz und 8mm-Zentrierbohrung von einem netten Herrn in einer gut ausgestatteten Werkstatt gebaut. Das ist eine gute Lösung. Ich bohre ein Zentrierloch in die Lagerschalen und kann so die Lagerschalen auf der Planscheibe zentrieren.

Dann bohre ich für die rechten und linken Lagerschalen je zwei Anschraublöcher ab...

... und hab nun die Möglichkeit die Lagerschalen innen für die Kugellager auszudrehen. Aber Vorsicht - das ist eine Dreharbeit an einem Werkstück mit außermittigem Schwerpunkt. Ich berechne und montiere also ein Gegengewicht, diesen dicken Zylinder am Rand der Scheibe ;-)

Anschließend werden die Lageraufnahmen gefräst. Die vier Anschraublöcher für die Lagerschalen sind zu machen und dann ist in der Mitte eine große Bohrung zu fertigen, die die Hinterachse in jeder der vier Lagerschalenpositionen immer frei drehen läßt. Wie groß ist diese Mittenbohrung? Na, ganz einfach:

D = 2*Wurzel (2^2+6^2)+Durchmesser Lagerinnenring

D = 62mm.

Diesen Druchmesser kann man wieder nur ausdrehen. Auf der Fräsmaschine areite ich mal grob vor und das saubere Ausdrehen geht wieder mit der Planscheibe.

Montert sieht das dann so aus. Die Lagerschalen bekommen mit Schlagzahlen einen Buchstaben, damit ich die Anschraubposition leicher finde.

Die Hinterachse ist jetzt gut gelagert. Radial. Aber axial - also in Richtung der Drehachse? da sollte die Hinterachse nicht wegrutschen können. Natürlich gibt es Klemmringe. Diehaben aber madenschrauben, die sich in die obere Schicht der hinterachse eingraben, um ihre Position zu halten. Das ist mir nix, denn es ist eine potentielle Stelle, die ein Beschädigung der Hinterachse hervorruft. Hmmm.

Es gibt doch vier Flansche auf der Hinterachse, die per Umfangsklemmung die Achse nicht beschädigen: 2 Achssterne und 2 Bremsscheibenhalter. Die kann ich doch nutzen. Ich fertige einfach zwei Abstandshülsen aus Alu an, die nach Positionsbestimmung der Bremsscheibenhalter die Hinterachse gegen die inneren Lager abstützen. Ich nehme absichtlich die inneren Lager, weil die äußeren Lager schon deutlich radial belastet werden. Die inneren nicht so stark. Sie können axiale Kräfte besser vertragen. Ich verteile also die Belastungen an den Lagern ;-)

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Und so ganz nebenbei hab ich zwei Radsterne ergattert. Natürlich haben die für meine uralten geteilten Felgen weder den passenden Anschraubteilkreis, noch den richtigen Felgenflansch. Die Radsterne haben einen Flansch von 40mm und einen Anschraubteilkreis von 68mm(3xM8 Stehbolzen). Die Felgen hätten gern 70mm Flansch und 89mm Teilkreis (3xM8 Loch und 3xM6 Schraube-Mutter).

Nebenbei: die Achse ist 40mm, der Flansch am Radstern auch. Damit kann man die Radsterne nur bis zu diesem Flansch auf die Achse schieben. Will man die Spurbreite weiter verkleinern, so muß dieser Flansch weggearbeitet werden, damit die Achse durchgeschoben werden kann. Dann allerdings zentriert sich der neue Adaptorflansch auf der Hinterachse. Nicht schlimm - nur es ist sicher mit Markierungen zu rechnen, die die Achse hoffentlich nicht so stark beschädigen, daß das Demontieren der Radsterne und Lager ein Problem wird...

Also dreh' und fräs' und bohr' ich mir zwei Flansche.

Dabei achte ich darauf, daß nicht nur die Felgen angeschraubt werden können (3 x M8), sondern die 3 M6 Schrauben nebst Muttern, die die beiden Felgenhälften zusammenhalten, nicht auf den Flansch drücken. Hier bohre ich großzügig Durchgangslöcher als Freimachung. Die Flansche werden mit selbstsichernden Muttern (hier noch nicht verbaut) an die Radsterne geschraubt. Da die Muttern das Innenloch der Felgen treffen würden, müssen sie versenkt werden. Der Flansch ist natürlich hierfür schon ausreichend dick gemacht worden :-)

Die Senkung für die Muttern ist so groß im Durchmesser gewählt, daß eine Nuß auch reinpaßt - sonst ist's halt schlecht mit festziehen...

Auf dem Bild sieht man schon den mit der Knarre angezogenen Radstern. Erkennt man an dem gold eloxierten Ring. Daß jetzt die Felge mit 3 Schrauben M8x20 da drangeshraubt werden kann... muß ich wohl nicht zeigen. ;-)

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